Der Optimismus der BMW-Führung hat die Anleger am Freitag überzeugt. Die BMW-Aktie setzte ihre Erholungsrally fort. Analysten äußerten sich vor allem positiv über das besser als erwartet gelaufene Automobilgeschäft und auch die starken Barmittelzuflüsse. Berenberg-Analyst Romain Gourvil sieht für die Aktie weiteres Potenzial.
BMW fuhr im dritten Quartal mehr Umsatz und Gewinn im Tagesgeschäft ein als erwartet. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern legte im Jahresvergleich trotz des höheren Anteils noch nicht so lukrativer Elektroautos um 18,2 Prozent auf 4,35 Milliarden Euro zu. Experten hatten mit etwas weniger gerechnet.
Die viel beachtete operative Marge im Kerngeschäft mit dem Autobau stieg um fast einen Prozentpunkt auf 9,8 Prozent.
Im Kerngeschäft Automobile habe BMW ein wenig besser abgeschnitten als allgemein prognostiziert, so Analyst George Galliers von der US-Bank Goldman Sachs. Zudem seien, wie von ihm erwartet, die Barmittel (Free Cashflow) sehr stark gewesen. Analyst Philippe Houchois von Jefferies sprach von einem Zahlenwerk, dass die avisierten Jahresziele des Autobauers untermauern würde.
Zusätzlichen Schwung erhielt die BMW-Aktie durch Aussagen des Managements. "Wir steuern unser Kerngeschäft auf einem langfristigen und profitablen Wachstumskurs", sagte Finanzchef Walter Mertl. "Dafür investieren wir umfassend in unsere Zukunft: Wir digitalisieren und elektrifizieren unsere Produkte und entwickeln das gesamte Unternehmen in eine neue Dimension.“
„Unsere Marktstellung ist nicht so einfach unter Druck zu setzen“, brachte es BMW-CEO Oliver Zipse auf den Punkt.
Berenberg hat die Einstufung für BMW am Montag nach einem "soliden" dritten Quartal und einem bestätigten Ausblick auf "Hold" belassen. An seiner operativen Gewinnschätzung für 2023 ändere sich daraufhin nicht viel, schrieb Analyst Romain Gourvil in einer Studie. Er erhöhte zwar leicht seine diesjährigen Schätzungen für die Automobilsparte, dies werde aber durch niedrigere Erwartungen an den Finanzdienstleistungsbereich ausgeglichen. Sein Kursziel lautet 102 Euro.
Die Autobranche steht vor schwierigeren Zeiten. In den vergangenen Jahren profitierten die Hersteller davon, dass die Verkaufspreise von Neu- und Gebrauchtwagen deutlich anzogen wegen stockender Produktion bei gleichzeitig hoher Nachfrage. Angesichts schlechterer Aussichten für die Weltwirtschaft, hoher Inflation und hoher Zinsen droht sich die Nachfrage von Unternehmen und Privatkunden jedoch einzutrüben. In einigen Marktsegmenten - etwa dem günstigeren Segment bei Elektroautos in China - ist daher bereits eine offene Rabattschlacht ausgebrochen.
BMW kann sich dem nach eigenen Angaben noch weitgehend entziehen. Vor allem, weil das Unternehmen mit seinen Modellen weniger stark im Massenmarkt vertreten ist.
Allerdings hat auch BMW im wichtigsten Absatzmarkt der Welt China mit zunehmender Konkurrenz zu kämpfen.
Was den Swing Richtung Elektromobilität angeht, so liegt BMW im Plan.
Der Anteil der Vollelektromodelle stieg im dritten Quartal deutlich von 8,9 Prozent ein Jahr zuvor auf 15,1 Prozent. Vor allem die Batteriemodelle i4 und iX liefern hier Wachstum.
BMW will dieses Jahr 15 Prozent seiner Autos mit E-Antrieb verkaufen. 2026 sollen es 33 Prozent sein.
Der Start der Neuen Klasse im Jahr 2025 wird für BMW einen Meilenstein darstellen. Mit Software-Baukästen für Antrieb, Fahrwerk, Bordnetz und Fahrassistenz zum Beispiel spart die neue Fahrzeuggeneration Kabelstränge, Gewicht und Geld.
Dadurch will BMW Margen auf dem Niveau der Verbrennermodelle erzielen. Dafür steckt BMW viel Geld in die Entwicklung der Modelle und in die Technik. Die in die Gewinnrechnung einfließenden Forschungs- und Entwicklungskosten stiegen im dritten Quartal um fast drei Prozent auf 1,8 Milliarden Euro.
Die Zahlen für das dritte Quartal waren solide, der Ausblick passt. Mit dem Roll-out der Neuen Klasse wird BMW einen Technologiesprung vollziehen. Einziges Manko: Die Absätze in China schrumpfen. BMW ist zwar im Reich der Mitte sicherlich nicht im Massenmarkt wie etwa Volkswagen positioniert – dennoch werden auch die Münchner die immer stärkere Konkurrenz von BYD, Nio, Xpeng und Li Auto zu spüren bekommen.
Die Aktie hat zuletzt von rund 112 Euro bis auf 87 Euro korrigiert. Durch die Zahlen und den soliden Ausblick hat sich das Papier wieder erholt. Anleger bleiben investiert.
Quelle: Der Aktionär