Die Autoindustrie als deutsche Schlüsselbranche steckt in einer Krise. Auf einem digitalen "Autogipfel" heute Nachmittag suchen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Autohersteller, Verbände und Gewerkschaften nach Auswegen. Vor dem Gespräch wurden viele Forderungen erhoben, um die eingebrochene Nachfrage vor allem nach Elektroautos wieder anzukurbeln. Ob bei dem "Autogipfel" konkrete Maßnahmen auf den Weg gebracht werden, ist aber offen.
Die deutschen Hersteller kämpfen mit schwachen Absatzzahlen und hohen Kosten für den Umstieg auf den E-Antrieb. Vor kurzem musste Mercedes wegen eines stotternden Laufs in China seine Gewinnprognose für dieses Jahr kappen. Zuvor hatte bereits BWM seine Absatz- und Gewinnerwartungen für das laufende Jahr gesenkt.
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Volkswagen hat die seit Jahrzehnten geltende Beschäftigungssicherung mit den Gewerkschaften in Deutschland aufgekündigt und Werksschließungen und betriebsbedingte Entlassungen nicht mehr ausgeschlossen. Dagegen gibt es erbitterten Widerstand von Betriebsrat und IG Metall. Auch bei den Automobilzulieferern ist die Krise angekommen. Zugleich drängen neue Wettbewerber wie Tesla und Hersteller aus China in den Markt.
In einem Papier von SPD-Wirtschaftspolitikern ist die Rede von einer nicht ausreichenden Modellpalette, insbesondere für den Massenmarkt. Verwiesen wird auch auf zu spät ausgebaute Ladeinfrastrukturen.
In einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft heißt es, seit Jahren schrumpfe die Produktion in Deutschland. Sie sei inzwischen im Vergleich zu 2018 rund 25 Prozent niedriger. Der Standort gerate zudem durch hohe Energiekosten immer weiter unter Druck.
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Habeck hat für diesen Montag von 15.30 Uhr bis 17 Uhr zu einer Videokonferenz eingeladen. Es geht um einen "Austausch" über die aktuelle Lage der Automobilindustrie, wie aus der Einladung hervorgeht. Eingeladen sind Vertreter des Branchenverbands VDA, der IG Metall, von Volkswagen, BMW, Mercedes Benz, Tesla Deutschland, Bosch, Continental und ZF.
Eine der Leitfragen ist, was die größten Hemmnisse für den Hochlauf der E-Mobilität in Deutschland ist und wo der dringendste Handlungsbedarf gesehen wird.
Habeck verwies darauf, dass die Bundesregierung steuerliche Anreize für E-Autos als Dienstwagen plane. Dadurch soll auch der Gebrauchtwagenmarkt für E-Autos gestärkt werden, weil Firmenwagen relativ schnell zu einem günstigen Preis als Gebrauchtwagen zur Verfügung stehen. Darüber hinaus werde man schauen, ob noch etwas geht, sagte Habeck.
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Angesichts von Haushaltszwängen scheint allerdings offen, ob die Bundesregierung wirklich umfassende zusätzliche Maßnahmen beschließt, um die Nachfrage nach Elektroautos anzukurbeln. Nach dem abrupten Stopp der staatlichen Förderung Ende des vergangenen Jahres sind die Neuzulassungen von E-Autos eingebrochen.
Vor dem "Autogipfel" überschlugen sich Politiker und Verbände mit Vorschlägen, um die Autokonjunktur zu stärken. "Wir müssen den Markt stimulieren", sagte der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD). "Wir müssen jetzt aus dem großen Topf möglicher Maßnahmen mit der großen Kelle schöpfen." Lies nannte etwa Kaufanreize für private Autokäufer oder vergünstige Leasingmodelle.
SPD-Wirtschaftspolitiker schlagen eine neue "Abwrackprämie 2.0" vor. Wer seinen Verbrenner "abwrackt" und ein neues E-Auto kauft, soll einen Bonus von 6.000 Euro bekommen. Für den Kauf eines gebrauchten E-Autos soll es dann 3.000 Euro geben. Außerdem könnte ein "Social Leasing-Programms" nach französischem Vorbild eingeführt werden - Personen mit kleinen und mittleren Einkommen könnten einen staatlichen Zuschlag zur Leasingprämie für ein mittelpreisiges E-Auto bekommen.
Aus Sicht des Umweltverbands Greenpeace sollte die Bundesregierung eine Prämie für kleine, sparsame E-Autos bis maximal 30.000 Euro auflegen und diese mit einer Neuzulassungssteuer für schwere Verbrenner gegenfinanzieren. Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, forderte, drohende Strafzahlungen von Autobauern bei geplanten strengeren Flottenvorgaben beim CO2-Ausstoß aussetzen.
Habeck hatte in Emden betont, mögliche neue Fördermaßnahmen würden rückwirkend gelten. Die Botschaft dahinter lautet: Potenzielle Käufer von E-Autos sollen sich nun nicht zurückhalten. Der Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer warnt: "Das große Risiko der jetzt losgetretenen Autogipfel-Diskussion ist eine weitere Verunsicherung der Verbraucher. Natürlich warten Käufer jetzt erst mal ab, ob eine Prämie kommt." Für den Markt für Elektroautos bedeute das nichts Gutes.
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VW-Chef Oliver Blume ist derzeit nicht zu beneiden. Der Marktanteil in China sinkt, die Software-Sparte Cariad läuft nicht, die ID. Modelle sind nicht konkurrenzfähig. Im wichtigsten Markt der Welt, in China, punkten die heimischen Newcomer bei den Konsumenten mit erstklassiger Software und einem am Kunden orientierten Infotainment. Die Reichweite der Stromer Made by BYD, Geely, Nio, Xpeng, Aiways, Xiaomi liegen weit über der Performance der VW-Modelle, das Preis-Leistungs-Verhältnis extrem gut. BYD produziert nach einer Untersuchung des UBS Evidence Lab zwischen 20 und 30 Prozent günstiger als Volkswagen. Gründe sind unter anderem die Tatsache, dass BYD neben den wichtigsten Komponenten wie etwa die Batterie auch viele andere Teile der Wertschöpfungskette selbst herstellt.
Die ID-Modelle dagegen liefern bei Software und Infotainment allerhöchstens Standard. Und neue Modelle, die durch die Kooperation mit Xpeng in China ausgerollt werden, sollen erst 2026 kommen.
Fakt ist: VW agiert längst nicht mehr aus einer Position der Stärke heraus. Weitere Gewinnrevisionen könnten folgen.
Auch BMW hat vor kurzem gepatzt. Aufgrund von Rückrufaktionen und der China-Schwäche revidierte der Konzern seine Gewinnschätzung für 2024 nach unten.
Dennoch: BMW liegt nach wie vor mit seiner Technologie-Offenheit und Fokus auf der Weiterentwicklung von sowohl Verbrenner-, als auch Elektroantrieb gut im Rennen. Allen voran der Rollout der Neuen Klasse verspricht Spannung und jede Menge Innovationskraft für die nächsten Jahre.
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Nach der Gewinnwarnung ist die Aktie von Mercedes-Benz vergangene Woche kurzzeitig auf das tiefste Niveau seit zwei Jahren abgesackt. Verantwortlich für die Zurücknahme der Prognose ist die Sparte Mercedes-Benz Cars, für die der Konzern die Prognose für die bereinigte Umsatzrendite nach unten schraubte.
Auf dem reduzierten Niveau sollte nun vieles eingepreist sein. Mutige Anleger stellen einen Fuß in die Tür. Die Aktie von Konkurrent BMW hat sich nach dem Gewinn-Schock und dem anschließenden Kursrutsch wieder deutlich erholt.
(Mit Material von dpa-AFX).
Quelle: Der Aktionär